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Hinter uns nur Uruguay

 

 

Bildungsexperten monieren: Deutschland hat die Digitalisierung verschlafen

Lieber gleich anfangen mit der Weiterbildung, findet Tim Redlich. |Foto: Tim Redlich
Lieber gleich anfangen mit der Weiterbildung, findet Tim Redlich. |Foto: Tim Redlich

 

Bildungsministerin Britta Ernst eröffnete selbst am Sonnabend das erste Fachgespräch zum Thema „Lernen mit Digitalen Medien“, ausgerichtet vom Ministerium für Bildung, Jugend und Schule. In einem Live-Steam konnten Experten und Interessierte dabei zusehen, wie die Professorin Birgit Eickelbaum dem deutschen Bildungssystem in Sachen Digitalisierung ein schlechtes Zeugnis ausstellen. In einer umfangreichen Studie hatte die Professorin der Uni Paderborn sich angeschaut, wie Lehrkräfte und SchülerInnen durch die Corona-Krise gekommen sind. Ihre alarmierenden Zwischenergebnisse: Ein Viertel der Lehrkräfte war auf sich allein gestellt im Bemühen darin, den Unterrichtsausfall zu kompensieren. Und mehr als die Hälfte der Lehrenden befürchtet, dass die soziale Ungleichheit sich durch den Shut-down weiter verschärft hat. Ihr Fazit: „Vergleicht man den Stand der Digitalisierung international, ist hinter uns nur Uruguay.“  

Auch NewsHAG-Redakteur Tim Redlich hat sich Teile des Live-Streams angesehen (ein Zusammenschnitt soll demnächst hier zur Verfügung stehen) – und sich dazu eine Meinung gebildet.

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Mir ist beim Ansehen der Videokonferenz aufgefallen, dass sehr viele verschiedene Standards miteinander vermischt wurden. Einige Zahlen stammten aus dem Jahr 2004 – aber die Ausstattung aus dieser Zeit kann man mit den heutigen Ausstattungen gar nicht vergleichen. Auf heute übertragen bedeutet das: Man sollte erst einmal überall die gleichen technischen Standards und Voraussetzungen einrichten, damit alle von demselben Level ausgehen und weiter arbeiten können. Unsere Schule ist beispielsweise sehr viel besser ausgestattet als die Oberschule nebenan – das macht einen großen Unterschied. Natürlich entwickelt sich die immer Technik weiter, trotzdem – oder gerade deshalb - sollte man in einer Frist von fünf Jahren Abstand dafür sorgen, dass sich alle Schüler zumindest in den Möglichkeiten auf demselben Level befinden. Man müsste die Innovationszyklen insgesamt kürzer fassen!

Den Vortrag von Professorin Eickelbaum fand ich sehr überzeugend. Auch, was die Studie gezeigt hat: Dass ein Teil der Lehrer noch nicht ausreichend weitergebildet ist.

Ich habe beobachtet, dass es tatsächlich einige Lehrer gibt, die technische Neuerungen sehr gerne aufgreifen, wie Herr Jungermann  – andere haben da gar keine Lust drauf, das merkt man. Man hört ja auch immer wieder, dass die Lehrer sich weiterbilden sollen und wollen – aber sie müssten es auch einfach mal machen, nicht nur darüber reden. Manchmal sind es ja nur drei Programme, die man beherrschen müsste, etwa um ein Whiteboard zu nutzen. Ich denke nicht, dass man die Lehrer dazu verpflichten sollte – das löst so viel Widerwillen aus. Aber man sollte es ihnen leichter machen. Diejenigen, die die Programme beherrschen, sollten die weiterbilden, die es noch nicht können – einiges würde ich auch selbst machen. Das geht vielleicht sogar einmal in einer Freistunde. Man müsste die Sache niedrigschwellig angehen. Da ist Deutschland leider noch nicht so weit. Ein Problem ist auch, dass die Lehrer noch so häufig ihre eigenen digitalen Geräte nutzen müssen. Hätte jeder sein eigenes digitales Gerät, dann wäre das schon wieder leichter.

Man sollte keine neuen stationären Computer mehr kaufen, sondern auf Tablets setzen. Stationäre Rechner mit dem ganzen Zubehör sind viel teurer als die Tablets. Dann könnte man auch im Unterricht viel mehr damit anfangen. Natürlich kann man sich das alles nicht gleich leisten – aber einige neue Generation haben etwa schon Augmented Reality drin – die können ganz andere Sachen. Die Technik könnte ganz neue Türen öffnen. Es wäre eine andere Art zu lernen.

Würde man die Schulbücher elektronisch nutzen, dann fielen beispielsweise Papier-, Druck- und Transportkosten weg; vielleicht wäre es sogar umweltfreundlicher. Auch, wenn man die Serverleistungen zum Speichern und Kühlen dagegen rechnet, die bei elektronischen Büchern anfallen, wäre das wahrscheinlich ein Bruchteil dessen, was man an Ressourcen für ein Schulbuch braucht.

Zu den Kosten: Die meisten elektronischen Bücher haben eine Jahreslizenz, das günstigste Lehrbuch kriegt man schon für einen Euro im Jahr. Das ist die einfache Lizenz. Die Dauerlizenz dafür lag bei 25 Euro. Und das teuerste Buch kostete rund 9 Euro im Jahr – etwa beim Klett-Verlag. Die erweiterte Englisch-Buch-Variante für Lehrer, die etwa Herr Jungermann benutzt, kostet rund 41 Euro – als Lizenz für 8 Jahre; da sind aber die Audiodateien und die Filmclips schon mit drin. Die Schülerlizenz für 1 Jahr kostet rund fünf Euro – mit multimedialer Anreicherung und interaktiven Übungen und Prüfungen. Nur Vokabeln gehen extra.

Durch mehr digitale Endgeräte könnte man zudem besser als bisher die Aufgaben personalisieren und spezifizieren – und wahrscheinlich sogar bessere Lernergebnisse erzielen. Intelligente Systeme etwa könnten sich „merken“, welche Aufgaben ein Schüler bereits beherrscht und wo noch weitere Übung benötigt wird.

In der Konferenz des MBJS wurde auch über die Digitalisierung 4.0 gesprochen – und ich dachte, wir stecken gerade erst am Anfang! Nach meiner Einschätzung haben wir gerade erst einmal Stufe 2 der Digitalisierung erreicht. Die „Stufe 4.0“ ist noch ganz schön weit weg – mir fehlt erst Mal Stufe drei. Whiteborads in allen Schulen wären ein schöner Anfang!

 

Tim Redlich

Notiert von Stefanie Schuster 

 

 


Noten-Freiheit war nicht hilfreich

 

Erleichterung bei Schüler*innen und Lehrer*innen über Rückkehr ans HAG

 Dominik Jungermann hat mit der Einführung von EduPage bereits vor vier Jahren den Grundstein dafür gelegt, dass am HAG die Dinge weiterlaufen konnten während der Corona-Krise– auch in Zeiten des Fernunterrichts. | Foto: Tim Redlich
Dominik Jungermann hat mit der Einführung von EduPage bereits vor vier Jahren den Grundstein dafür gelegt, dass am HAG die Dinge weiterlaufen konnten während der Corona-Krise– auch in Zeiten des Fernunterrichts. | Foto: Tim Redlich

 

 

Eigentlich wollten wir für die NewsHAG nur einige Bilder auf den neu abgeklebten Fluren machen – doch dabei haben wir Dominik Jungermann getroffen. Vor vier Jahren war er federführend daran beteiligt, das elektronische Klassenbuch „EduPage“ ans Hannah-Arendt-Gymnasium zu holen, was sich gerade im Fernunterricht als eine ebenso weitblickende wie gute Wahl herausstellte. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Schulen in Brandenburg mussten Lehrerinnen und Lehrer am HAG nicht nervtötend viel Zeit damit verbringen, nach einer gemeinsamen Plattform zu suchen, auf der Anweisungen, Inhalte und Kommentare abgegeben werden können. In einem kurzen Gespräch erklärte Dominik Jungermann, was nun als nächstes ansteht – wenn auch die siebten und achten Klassen wieder tageweise in die Schule zurückkehren dürfen. Die Fragen stellte Tim Redlich für die NewsHAG.

 

NewsHAG: Herr Jungermann, wie sieht Ihre Bilanz nach rund zwei Monaten Fernunterricht aus? Sind Sie zufrieden damit, wie´s gelaufen ist?

 

Dominik Jungermann: Man sieht schon, dass man einige Schüler mehr im Auge behalten muss als andere. Das gibt unser System EduPage sehr gut her. Und dennoch – obwohl alles dokumentierbar ist und eigensehen werden kann – hat man auch immer Schüler, die sich maximal zurückhalten in ihrer Arbeit. Die Ansage des Ministeriums, dass es in der Zeit, wo am HAG der Unterricht untersagt wurde, keine Noten vergeben werden durften, war in dem Zusammenhang leider auch nicht hilfreich. Aber demnächst haben wir unsere Schüler ja alle wieder!

 

Sind im Lernen zu Hause denn große Lücken aufgesprungen?

Das kann man so noch gar nicht sehen. Natürlich können die Schülerinnen und Schüler zu Hause vieles allein machen, wiederholen etwa. Aber die komplexeren, schwierigeren Aufgaben kann man so nicht gut stellen. Im Englisch-Unterricht ist das etwa Grammatik – die kann man nicht einfach so nachlesen lassen, die muss man erklären. Das Problem ist allerdings, dass in den siebten und achten Klassen vor allem Grammatik stattfindet.

 

Kann man das nicht auch in Lernvideos erklären lassen? Davon gibt es doch ganz viele?

Ja, so etwas nutzen wir auch. Das Problem ist nur, es sind zu wenige frei geschaltet! Die meisten Lehrfilme sind kostenpflichtig, z.B. Sofatutor. Und das müsste man erst mit allen klären. Dazu fehlte uns bislang auch die Zeit. Die Grammatik ist der Knackpunkt.

 

Wie geht es denn jetzt weiter mit der Schul-Cloud?

Hm – damit geht es jetzt schneller voran als in den vergangenen Jahren. Das ist natürlich gut. Nur: Sie bietet uns eigentlich nichts, was wir in den vergangenen Jahren nicht schon hatten. Die Hauptfrage ist ja immer: Wie nutzen die Kollegen die technischen Angebote, die wir jetzt schon haben? Wir haben eigentlich alle Möglichkeiten jetzt schon, nur ist das Wissen dazu noch begrenzt. Doch die technischen Möglichkeiten sind nur das Eine! Man muss eben auch wissen, wie man den Stoff so aufbereitet, dass er gut rüberkommt.

 

Es wäre gut, auch andere Aufgabenstellungen zu ermöglichen, als sie bisher vorgesehen sind, Gruppenarbeiten etwa. Das ginge ja auch!

Stimmt, das ginge auch. Wir dürfen ja auch die Plattform Zoom nicht nutzen, dafür jedoch eine vergleichbare Plattform namens Jitsi. Das ist eine super Idee! Gerade der Sprachunterricht lebt ja eigentlich von der Gruppenarbeit. Das Problem ist, dass die Corona-Beschränkungen uns eben doch kalt erwischt haben. Ich würde aber mal behaupten, dass per EduPage auch Gruppenarbeit prinzipiell möglich ist. Und es müsste gar nichts Neues eingeführt oder irgendwo aufgespielt werden, weil ja alle sowieso schon im System sind. Teilweise kann man damit ja sogar schon mit Videos arbeiten.

 

Wir haben sowas auch schon im Unterricht gemacht!

Das bearbeitet gerade Herr Myrach. Wir haben gerade eine Lizenz von Microsoft bekommen, um das weiterführen zu können. Dazu braucht man allerdings zwingend einen Hotmail- oder Microsoft-Account. Ein Tablet allein ist auch keine Lösung

 

Würde es helfen, wenn mehr Schüler ein Tablet zur Verfügung hätten für ihre Schularbeiten und zur Nutzung im Unterricht?

Ich bin mir nicht sicher! Natürlich müssten die Schüler dann weniger schleppen. Aber nicht überall ist das Netz gleich stark. Im Fremdsprachenunterricht wäre der Vorteil, dass man auch gleich eine Audio-Datei mitliefern könnte, um die Aussprache zu hören. Aber es sind noch längst nicht alle Schulbücher digital verfügbar. Sie würden auch nicht unbedingt billiger als E-Book, weil die Lizenzen wahrscheinlich genau so teuer wären wie die gedruckten Ausgaben. Und man müsste die Bücher eigentlich auch anders nutzen können! Die Verlage arbeiten daran, doch noch sind sie nicht so weit. Also: Ich bin nicht sicher, ob Tablets jetzt einen großen Zusatznutzen brächten.

 

Sind Sie froh, dass der Fernunterricht jetzt vorbei ist?

Ja, wir waren alle glücklich, unsere Schüler wiederzusehen! Die Schüler selbst haben vor allem ihre sozialen Kontakte vermisst. Es war auch toll, die Zehner wiederzusehen, die jetzt ja bis zu den Ferien nicht mehr an die Schulen zurückkommen.

 

Ist eigentlich irgendetwas besser geworden im Homeschooling?

Das kann ich noch nicht einschätzen, aber klar ist: Die reale Schule kann durch nichts ersetzt werden,  denn Bildung ist ganz stark auch von den jeweiligen Elternhäusern abhängig. Das kann man an Brennpunktschulen in Berlin, etwa in Neukölln, gut beobachten. Diese Kinder, die nicht von zu Hause aus unterstützt werden, die verliert man dann. Hier bei uns in Potsdam ist das aber eher kein Problem.

 

Besten Dank für das Gespräch!

 

 


Willkommen zurück...

Machen Sie bloß nicht allein weiter

Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klassen dürfen jetzt wieder im HAG lernen- mit Sicherheitsabstand. Auch für die Lehrenden ist die Situation gewöhnungsbedürftig.

05.05.2020

 

Bis vor wenigen Monaten wäre wohl kaum denkbar gewesen, dass ein Großteil der Schülerinnen und Schüler jemals sehnsüchtig ihre Schule zurückdenken würden! Viele der Neunt- und Zehntklässler waren tatsächlich ganz froh, nun wieder ihre Schulpflicht in den Räumen des HAG ableisten zu dürfen. Doch wie war die Zeit der Isolation? Die News AG hat mit der Stellvertretenden Schulleiterin des HAG, Dörte Schubert, auch darüber gesprochen. In der vergangenen Woche erschien der erste Teil unseres Interviews, hier der versprochene Teil 2.

 

NewsHAG: Frau Schubert, Wie haben Sie die Zeit der Quarantäne erlebt?
Dörte Schubert:
 Ich habe sie als sehr intensiv erlebt. Sehr ruhig einerseits – das Schulhaus war leer, weil ja keine Schüler da waren. Und wir haben uns im Kollegium ganz intensiv Gedanken darüber gemacht, wie wir den Schulbetrieb sichern zu können. Aber zum ersten Mal in dieser Ruhe, die wir sonst nicht haben. Wir konnten ganz strategisch denken. Wir haben auch nicht immer Antworten gefunden – aber das zeichnet ja auch eine Krise aus.

 

Erreichen Sie eigentlich alle Schüler auf digitalem Weg?
Ja, eigentlich schon. Wenn wir jemanden nicht erreichen, dann höchstens, weil die benötigte Technik nicht vorhanden ist. Aber das haben wir in den Einzelfällen dann geklärt.

 

Hatten Sie Kontakt mit Ihren Schülern?
Ich hatte Kontakt, ja, aber nur einmal, per Video-Konferenz. Ansonsten habe ich, wie alle anderen Lehrerinnen und Lehrer, die Aufgaben peEduPage und Kommentar-Funktionen gestellt und bearbeitet. Da habe ich auch selbst meine Hinweise gegeben. Die Kolleginnen und Kollegen sind da auch ganz unterschiedlich mit umgegangen: Einige haben vorher schon ganz viel mit EduPage gearbeitet, andere haben sich jetzt erst so richtig eingefuchst. Auch EduPage selbst hat sich in dieser Zeit mit uns weiterentwickelt: Wir haben auf unserer Seite mehr als doppelt so viele Rückmeldungen erhalten als die nächste, andere Schule, die auch mit diesem System arbeitet. Das zeigt, dass wir sehr eine sehr hohe Akzeptanz erhalten haben. Wir filmen ja auch – bei „Hannah filmt“ – und da waren die Betreiber von EduPage auch sehr häufig zu Gast, das war witzig! Wir haben auch ein Video von EduPage vertont, das dort noch schlief. Ich denke, wir werden da die Zusammenarbeit mit dem Startup noch weiter intensivieren.

 

Wo sitzen denn die Macher von EduPage?
Eigentlich kommen sie aus Slowenien, sind aber gerade gekauft worden vom Raabe-Verlag  in Stuttgart. Unser Hauptansprechpartner sitzt in Berlin. Natürlich haben wir die große Hoffnung, dass es nicht so weiter geht – aber bis dahin bietet EduPage natürlich auch tolle Möglichkeiten. Man kann die Hausaufgaben gut einsehen, perfekt kontrollieren, die Lernkarten dort selbst erstellen und wir haben verschiedene Möglichkeiten, die Formate zu nutzen. Gerade jetzt denke ich darüber nach, ein digitales Vertretungskonzept aufzubauen, in dem die Lehrer Aufgaben stellen können, die die Schüler dann eigenständig bearbeiten, wenn gerade keine andere Vertretung zu bekommen ist. Dann könnte man Unterrichtsausfall besser vermeiden. Natürlich sollen die Lehrkräfte nicht arbeiten, wenn sie mit Fieber im Bett liegen – aber in vielen anderen Fällen wäre so etwas ja denkbar. Notfalls könnte man dann ja Vertretungsaufgaben aus einem Pool ziehen.

 

Haben Sie den Eindruck, die SchülerInnen haben diese Zeit der Isolation nutzen können?
Im Allgemeinen: Ja. Aber ich habe auch den Eindruck, das digitale Homeschooling  kann den Unterricht nicht ersetzen – den Austausch, den Kontakt mit MitschülerInnen und Lehrkräften. Ich kann aber auch nicht sagen, was wir in der derzeitigen Lage noch hätten viel besser machen können. Manche Probleme tauchten plötzlich auf, die uns gar nicht bewusst waren. Ich bin also ganz froh, dass wir noch keine Abiturienten haben.

 

Wie lief denn die Bearbeitung der Hausaufgaben aus Ihrer Sicht?
Das war ganz stark klassenabhängig und jahrgangsabhängig – und die Motivation hat im Laufe der Zeit auf jeden Fall abgenommen. Vor allem die 10. Klassen konzentrieren sich jetzt auf ihre Prüfungsfächer. Das trifft natürlich nicht für alle zu, aber es gibt eine Tendenz.

 

Haben Sie auch Rückmeldung zur Hausaufgaben-Menge bekommen?
Einige Klassenlehrer haben ihre Klassensprecher befragt und haben ganz unterschiedliche Antworten bekommen – sehr subjektiv. Wie die Schüler das eben sonst auch sehen. Es war eben eine große Herausforderung, sich selbst zu organisieren. Die reine Fülle war es nicht, sie mussten es halt allein schaffen. Bei manchen war sicherlich auch die Alternative ihre Playstation – und da ist mitunter die Entscheidung schnell gefallen. Ich habe in der Tagesschau auch dieses Mädchen gesehen, das jeden Tag allein in die Schule gegangen ist, um zu lernen – so einen Fall hatten wir hier nicht.

 

Aber die war auch Abiturientin mit Berufswunsch Ärztin in enger Wohnung mit vielen Geschwistern. Haben Eltern Sie angesprochen, weil sie Sorgen hatten?
Die Elternsorgen bezogen sich auf Prüfungen. Ja, haben sie.

 

Wie wird es mit den MSA-Prüfungen weitergehen?
Die Prüfungstermine wurden auf die bisherigen Nachschreibe-Termine verschoben, und sie werden unter strengen Hygieneauflagen stattfinden. Die Klassen haben schon ihre Übungsunterlagen bekommen, konnten sie durchgehen, waren in Kontakt mit ihren Lehrern. Jetzt können sie noch einmal herkommen und im direkten Austausch daran arbeiten. Jetzt haben sie noch einmal zwei Wochen dafür Zeit. Wir unterrichten alle Fächer, außer Musik und Sport.

 

Haben Sie selbst auch Neues gelernt in dieser Zeit der Isolation?
Hm. Nichts wirklich Neues … aber ich habe gedacht, dass es eine Zeitlang leichter ist, ohne Schüler zu arbeiten – doch ich habe das Unterrichten vermisst! Und die Schüler! Und ich freue mich wieder auf den Unterricht.

 

Bereiten Sie sich auch auf weiteres Homeschooling vor?
Ja, klar. Wie bisher. Was plötzlich alles möglich war, das war überraschend. Gut war, dass wir jetzt so schnell die Schulcloud des HPI bekommen konnten, was sich vorher so lange hingezogen hat. Und so viele Tools sind plötzlich kostenlos! Aber das muss man alles sorgfältig prüfen. Das bietet uns Möglichkeiten, uns in Zukunft breiter aufzustellen.

 

Welche Tools waren das denn?
Vor allem für Tablets und Laptops - die müssen noch bestückt werden. Das stellen wir uns jetzt grundsätzliche Fragen: personalisieren wird diese Geräte oder nicht? Welche Systeme spielen wir da auf? Welche Office-Pakete verwenden wir? Da ist noch vieles abzusprechen und zu entscheiden.

 

Haben Sie Lücken in der Ausstattung der Schule entdeckt, die auch mit Hilfe des Digitalpaktes gefüllt werden könnten?
Ja. Aber es ist nichts Neues hinzugekommen. Unser Medienentwicklungsplan liegt schon bei der Stadt und wir warten auf die Freigabe der Haushaltsmittel.

 

Was hat Ihnen am meisten gefehlt?
Das war der direkte Austausch mit den Kollegen! Ich habe viel mit ihnen telefoniert – aber es ist irgendwie unbefriedigend, das alles per Mail zu machen. Und von der Stadt Potsdam als unserem Schulträger da hätte ich mir mehr Initiative gewünscht.

 

Zum Beispiel?
Bei der Umsetzung der Hygienemaßnahmen etwa. Es wäre schon hilfreich gewesen ein Formblatt zu bekommen wo draufsteht: Wie viele Desinfektionsmittelspender brauchen Sie? So was! Aber da kam gar nichts. Das heißt nicht, dass sie nicht reagieren – aber es kam nichts von ihnen. Das war schade.

 

Besten Dank für das Gespräch!
Fragen und Antworten notierte Stefanie Schuster.

 

  


Freu(n)de mit Sicherheitsabstand:
Am HAG hat der Schulbetrieb wieder begonnen

Wochenlang mussten sie allein zu Hause lernen, damit das Corona-Virus sich nicht mehr so schnell ausbreitet. In der Zwischenzeit wurde die Schule auf neuesten Hygienestand gebracht. Jetzt sind die ersten Schülerinnen und Schüler ins HAG zurückgekehrt.

28.04.2020

Foto von der Stellvertretenden Schulleiterin Dörte Schubert
Jetzt geht’s LOHOOOOOS! Am Dienstag hat für die 10. Klassen der Unterricht wieder im HAG begonnen. Die Stellvertretende Schulleiterin erklärt im Interview im News HAG wie´s weiter geht!

 

Bis vor wenigen Monaten wäre wohl kaum denkbar gewesen, dass ein Großteil der Schülerinnen und Schüler jemals sehnsüchtig an ihren Klassenraum zurückdenken würden! Doch auch das bringt die Corona-Krise mit sich: Etliche der 75 Schülerinnen und Schüler, die am Dienstag wieder ihre Schulpflicht in den Räumen des HAG ableisten durften, waren ganz froh, zu einem teilweise normalen Unterricht zurückzukehren.  Doch wie gestaltet man den so, dass er auch in Corona-Zeiten einigermaßen sicher ist? Die News AG hat mit der Stellvertretenden Schulleiterin des HAG, Dörte Schubert, darüber gesprochen. Wir hatten so viele Fragen – und haben so viele interessante Antworten erhalten, dass wir das Interview aufteilen mussten. Hier ist Teil 1.

News AG: Haben Sie sich gefreut, dass heute der Schulbetrieb wieder begonnen hat?

Dörte Schubert: Ja! Und die Kollegen haben sich auch gefreut! Endlich können wir wieder die Schüler sehen! Und dann standen da so drei Personen auf dem Schulhof – das war schon komisch.

Waren die Schüler auch froh, wieder hier zu sein?
JA! Die hatten ein bisschen die Nase voll vom Homeschooling – die Motivation lässt nach den ersten Wochen spürbar nach.

Wie ging´s denn los?
Heute, am Dienstag, haben wir mit 75 Jugendlichen wieder begonnen. Es waren nur die SchülerInnen und Schüler der 10. Klasse, ab dem 4. Mai dürfen auch die 9. Klassen wiederkommen. Jede Klasse ist aufgeteilt in zwei Lerngruppen, so dass jetzt immer 12 bis 14 Schülerinnen und Schüler in einem Klassenraum sitzen. Es werden alle unterrichtet, aber nacheinander. Heute etwa sind nur zwei 10. Klassen im Haus.

Wie sieht das aus?
Der Fachunterricht findet erst in dem einen Raum mit der einen Lerngruppe statt, und dann wird er in dem anderen Raum noch einmal wiederholt. Alle lernen so idealerweise am gleichen Tag denselben Stoff.

Ist das so kompliziert, wie es sich anhört?
Ja. Das Ministerium hat auch A- und B-Wochen im neuen Stundenplan vorgeschlagen. Wir müssen einen ganz neuen Stundenplan erstellen – es ist wie sonst bei einem Schulbeginn, nur unter neuen Bedingungen. Aber wir haben genügend Räume und nicht so viele Klassen – da geht es noch. Und ich kann auch auf die Lehrkräfte der 7. und 8. Klassen zurückgreifen, weil diese Schüler ja noch nicht in die Schule zurückkehren dürfen. Allerdings sind einige Lehrer, die vor allem in den 9. und 10. Klassen unterrichten, mit ihrer Stundenbelastung an die Grenzen gekommen, weil sie ja nun die doppelte Unterrichtszeit zu leisten haben. Daher mussten wir einiges umbauen und eine neue Balance herstellen mit den anderen Lehrkräften. Einige erhalten also nun Fachunterricht bei einer anderen Lehrkraft.

Jetzt, wo der Schulbetrieb weiter geht – sind alle Fragen beantwortet?
Leider noch nicht! Wir wussten lange nicht genau, wie wir vorgehen sollen, wenn die Lehrkräfte selbst Risikogruppen angehören oder die Schüler – oder sich in deren engster Familie besonders gefährdete Menschen befinden.

Und – was machen Sie nun mit denen?
Es besteht eine Mischung aus klaren Muss-Vorgaben und solchen, wo Lehrkräften, Schülern und Eltern Freiräume eingeräumt werden. So können z.B. Lehrkräfte trotz Vorerkrankungen unterrichten, wenn sie ausdrücklich noch einmal von uns über die Risiken aufgeklärt wurden. Die Schülerinnen und Schüler, die als Risikogruppe zählen, wurden von uns nun mit allen nötigen Informationen versorgt. Es sind wenige Schüler, und auf die passen wir nun besonders auf. Die Klassenlehrkräfte haben das im Blick.

Welche Fragen sind denn derzeit am dringlichsten?
Das sind ganz viele! Wie viele KollegInnen bekommen einen Platz in der Kindernotbetreuung ? Wie setzt man die Hygienevorschriften hier am besten um? Kommt die Maskenpflicht? Was tun wir, wenn Schüler ohne Masken in den Unterricht kommen wollen? Dürfen sie auch einen Schal vors Gesicht binden? Also: Wir haben uns im Vorfeld vieles überlegt, aber wir brauchen natürlich klare Kriterien und Vorgaben.

Wie sehen die nun aus? Müssen alle, die hierherkommen, die ganze Zeit Masken  tragen? Dürfen Schals verwendet werden? Was, wenn sich jemand weigert, Schal oder Maske über Nase und Mund zu ziehen?
Aktuell gibt es keine Pflicht zum Tragen eines Nase-Mund-Schutzes. Aber wer andere schützen möchte über den Sicherheitsabstand hinaus, darf und soll dies natürlich gern tun.

Haben alle Lehrkräfte einen Platz in der Kindernotbetreuung erhalten? Sind Lehrkräfte systemrelevant?
Die Lehrkräfte können nach den intensiven Vorabsprachen alle ihren Einsatz realisieren. Ob dies durch die Notbetreuung oder private Anstrengungen möglich ist, habe ich nicht im Einzelnen im Blick.

Wie setzen Sie die neuen Hygienemaßnahmen um?
Das sind so viele! Zuerst haben wir die Klassenräume umgestellt, damit alle genügend Abstand haben. Und alle Schülerinnen und Schüler haben nun einen festen Sitzplan, den sie auch nicht verändern dürfen. Damit, falls jemand erkrankt, das Gesundheitsamt sofort ermitteln kann: Wer hat daneben gesessen? Wer könnte noch betroffen sein? Damit können wir natürlich nur erfassen, was hier in der Schule passiert, aber nicht zu Hause. Wir haben auch in jedem Klassenraum Waschbecken, so dass sich die Schülerinnen und Schüler sich jederzeit die Hände waschen können.

Wie regeln Sie die Benutzung der Toiletten?
SchülerInnen dürfen nur noch während des Unterrichts zur Toilette gehen – nicht mehr in den Pausen, damit es dort nicht zu Gedränge kommt. Überhaupt darf sich nur noch immer eine Person zur gleichen Zeit im Sanitärbereich aufhalten.

Kommt es denn dann nicht zu Staus?
Nein – wir haben ja sehr viele Toiletten im Haus, und es sind ja nur sehr wenige Schüler da. Noch geht´s. Wenn jemand drin ist, muss ein Besetzt-Schild daran gehängt werden.

Und ansonsten?
Eben haben wir Klebeband bestellt, denn der Flur muss unterteilt werden wie eine Straße, damit die Schüler dort nicht zu dicht aneinander vorbei gehen. Auch die Treppen müssen in Auf- und Abgänge unterteilt werden, damit sie sich dort nicht zu nahe kommen. Wir müssen Schilder schreiben, laminieren aufhängen – es ist sehr viel zu tun. Die Umsetzung der ganzen Maßnahmen ist sehr aufwändig.

Überwachen sie auch den Schulhof?
Dort haben wir im Moment eine Doppel-Aufsicht, haben aber auch da ist derzeit noch nicht so viel los. Wir alle erleben diese Zeit sehr intensiv. Zu Beginn war alles sehr offen, auch in der Diskussion, das ist jetzt nicht mehr so. Jetzt schaltet sich auch der Datenschutz wieder ein. Die Regularien greifen wieder stärker. Das ist aber nicht unbedingt negativ, es gibt uns auch wieder mehr Stabilität.

Fühlen Sie sich auch eingeschränkt?
Gar nicht! Ich verstehe die Aufforderung, die Flure zu halbieren. Das machen wir ja auch, und es ist nie ein Muss, sondern immer eine Soll-Bestimmung. Damit können wir hier gut umgehen.

Wie wird es denn mit den 7. und 8.  Klassen weitergehen?
Dazu haben wir aktuell gar keine Aussagen! Da wollen wir die digitale Klassenleiterstunde einführen, um sie nicht ganz allein zu Hause zu lassen. Mehr können wir im Moment noch nicht angehen. Das bedrückt uns auch. Besonders die 7. Klassen haben hier gerade Fuß gefasst und sind gleich wieder aus ihrer Klassenstruktur herausgerissen worden. Wie es uns gelingt, hier sozial anzuknüpfen, darüber müssen wir noch einmal gründlich nachdenken.

 

Besten Dank für das Gespräch, Frau Schubert!
Die Fragen stellte Stefanie Schuster.

 


 Widersprechen – aber richtig!

„Jugend debattiert“ jetzt auch am HAG

 

 

Wie gibt man richtig Kontra? Kann man lernen! Das HAG nimmt teil an "Jugend debattiert." Deutsch- und PB-Lehrer Jakob Simon moderierte die erste Runde.
Wie gibt man richtig Kontra? Kann man lernen! Das HAG nimmt teil an "Jugend debattiert." Deutsch- und PB-Lehrer Jakob Simon moderierte die erste Runde.
Mitmachen erwünscht! Zu diskutieren gibt es schließlich immer was!
Mitmachen erwünscht! Zu diskutieren gibt es schließlich immer was!

                                                                 

Lange, bevor Covid-19 das öffentliche Leben lahmlegte und sich eine Debatte darüber entspann, wie weit die Einschränkung der Grundrechte in Pandemie-Zeiten gehen darf, haben wir am Hannah-Arendt-Gymnasium in Potsdam geübt, wie man Argumente sammelt, zuspitzt und in Treffer verwandelt. Nicht ohne Stolz betont Jakob Simon, am HAG Lehrer für Deutsch und Politische Bildung, dass unsere Schule die einzige in ganz Brandenburg ist, bei der alle Lehrkräfte eine Fortbildung zu Jugend debattiert besucht haben. „Für eine Schule mit unserem Schwerpunkt und unserem Leitbild finde ich das auch genau richtig. Private und politische Debatten zeigen schließlich auch immer die Vielfalt der Themen, die alle Schulfächer umfassen können.“ Es geht echt um alles: Die Einschränkung des Demonstrationsrechtes wegen Pandemie-Gefahr, die ethisch vertretbare Höhe der Milchpreise, Sinn und Unsinn von Tierversuchen, die Notwendigkeit digitaler Bildung, Grenzschutz für Europa, die Legalisierung von  Drogenlegalisierung und vieles mehr. „Jedes Thema bietet fachspezifisch unterschiedliche Ansätze, bei dem man für eine überzeugende Argumentation das Fachwissen aus den betreffenden Themen mit unterschiedlichen Perspektiven verbinden muss. Jugend debattiert fördert also das konzentrierte Querdenken“, wirbt Simon im Gespräch mit dem News HAG.

 

Wir haben gehört, Sie bereiten sich darauf vor, Jugend debattiert zu leiten! Wie soll denn das Projekt ablaufen?
Jakob Simon:
 Das geordnete Diskutieren, das man auch debattieren nennt, ist einerseits ein Wettbewerb, bei dem es um das Abwägen von stichhaltigen, begründeten Argumenten geht. Wir haben dieses Format im Januar zum ersten Mal bei uns an der Schule durchgeführt. Dahinter steckte einiges an Vorbereitungen. Im Deutschunterricht wurde das Format der Debatte vermittelt und geübt. In anderen Fächern wurde darauf aufbauend ebenfalls viel debattiert - zum Beispiel in Politischer Bildung. Man kann sagen, dass es also nicht nur ein Projekt ist. Vielmehr ist es ein wiederkehrender Unterrichtsgegenstand, ein Weg zum strukturierten Austausch von Argumenten und ein Handwerkszeug für die Schüler zum Abwägen und Überzeugen. 

 

Warum haben Sie dieses Projekt an die Schule geholt?
Das hat viele Gründe! Zum einen passt Jugend debattiert ganz wunderbar zu unserem Schulprofil mit den Schwerpunkten Wirtschaft und Politik. Die demokratische Politik besteht schließlich zu einem großen Teil aus dem Formulieren und Abwägen der besten Argumente, dem Debattieren. 

Ich möchte darüber hinaus, dass sich unsere Schüler - nicht nur in der Schule - einmischen, mitreden, überzeugen. Debattieren als Wettbewerb ist dabei ein ganz attraktiver Weg in die Rhetorik. 

In jedem Fach gibt es Dinge über man nachdenkt, weil sie ein Streitpotenzial bieten, weil es verschiedene Standpunkte gibt, die man kennen und gegenüberstellen muss. Das kann in LER sein, wenn man darüber diskutiert, ob man Tierversuche für Kosmetika verbieten sollte, in Politik, wenn man darüber streitet, ob das Wahlrecht in Deutschland grundsätzlich auf 16 herabgesetzt werden soll, oder in Biologie, wenn man über Genmanipulation von Mais spricht. Schüler*innen lernen kritisch zu hinterfragen, informiert zu überzeugen, geordnet zu sprechen und sachlich Argumente abzuwägen. Dabei müssen sie die verschiedenen Standpunkte zur Frage kennen und regelmäßig in fremde Perspektiven hineindenken. Mit Hannah Arendt kann man ergänzen: „Einsicht in einen politischen Sachverhalt heißt nichts anderes, als die größtmögliche Übersicht über die möglichen Standorte und Standpunkte, aus denen der Sachverhalt gesehen und von denen her er beurteilt werden kann, zu gewinnen und präsent zu haben.“

 

Woher kommt das Format?

Hm, wo soll ich da anfangen und aufhören? Kurz gesagt: Debattiert wurde schon im alten Griechenland. Im England der frühen industriellen Revolution wurde das Ganze dann zu einer Art sportlichem Wettbewerb. Weitergetragen haben es vor allem Universitäten, bei denen in Debattiervereinigungen um das beste Argument gerungen wurde und bis heute wird. Ab dem Jahr 2001 erprobten Schulen auch in Deutschland diese Art der Debatte. Heute ist es ein riesiger Wettbewerb mit mehr als 1300 Schulen und mehr als 200 000 Teilnehmer*innen, der zudem unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier steht. 

 

Sie haben schon eine erste Runde veranstaltet – gab es genügend Teilnehmer?
Na klar. Es konnten in dieser unserer ersten Runde die Jahrgänge 8 und 9 teilnehmen. Einen Platz für den Wettbewerb bekam man durch einen Klassenausscheid. Stellen Sie diese Frage auch beim Sportwettbewerb?

 

Klar! Vor allem beim Zwergenwerfen! Und welche Themen haben Sie ausgesucht?
Es war kurz nach Silvester und daher debattierten wir in der Vorrunde über ein Verbot von Pyrotechnik für Privatpersonen. Im Finale wurde die Frage einer Wahlpflicht für Bürger gestellt.

 

Wer hat gewonnen?

Die beiden Siegerinnen des ersten Schulwettbewerbs sind Leonie Rathgeber und Charlott Reschke. Sie haben unsere Schule dann auf dem Regionalwettbewerb im Februar vertreten. Das war ziemlich aufregend! Leonie hat auch einen Bericht geschrieben, der hier im Blog noch erscheinen kann.

 

Freuen wir uns drauf – immer her damit! Was wird denn bewertet? 

Das sind vier Dinge: Die Sachkenntnis, also: „Wie gut weiß der Redner, worum es geht?“, das Ausdrucksvermögen: „Wie gut wird gesagt, was gemeint ist?“, die Gesprächsfähigkeit: „Wie gut der Sprecher oder die Sprecherin auf den oder die andere ein?“ und die Überzeugungskraft: „Wie gut wird begründet?“

 

Sind Argumente genauso wichtig wie das Verwenden von Fremdwörtern?

Nein, gelungene Argumente sind deutlich wichtiger. Fachwörter können aber zeigen, dass man über eine große Sachkenntnis verfügt. Ich drehe es also um: Gelungene Argumente enthalten manchmal Fremd- und Fachwörter, damit man angemessen über die Thematik sprechen kann. 

 

Waren Sie zufrieden mit der ersten Runde?

Absolut! 

 

Warum ist es in Ihren Augen so wichtig, dort mitzumachen?

Mir sind viele Mittel recht, die unsere Schüler zum fundierten Nachdenken und geordneten Diskutieren bewegen. Ein Wettbewerb ist einfach besonders motivierend. Wir haben reflektierte und überzeugende Schüler*innen an unserer Schule. Das wollen wir auch gerne zeigen. Es ist also der gleiche Grund, weshalb die Sportschule ihre Schüler*innen auf Turniere schickt.

 

Gibt es dafür auch Noten?

Eine Debatte im Unterricht kann der Lehrer schon mal bewerten. Als Grundlage dienen da auch die Kriterien des Wettbewerbs. Der Wettbewerb selber wird aber nicht bewertet.

 

Darf man sich eigentlich ein Thema aussuchen, oder bekommt man es vorgegeben?

Das ist unterschiedlich. In der Vorbereitung des Wettbewerbs wird ja viel debattiert. Hier sammeln wir gemeinsam Themen und jede*r Schüler*in kann viele Themen einbringen. Im eigentlichen Wettbewerb werden die Themen allerdings vorgegeben. 

 

Und wie findet man die passenden Argumente?

Nachdenken, informieren, abwägen und Perspektiven wechseln: Ich würde sagen, das sind die Techniken.

 

Wie wird denn eigentlich bewertet, wer gewonnen hat?

Es gibt eine Jury, die sich aus einem Jugend-debattiert-Lehrer und Schüler*innen zusammensetzt. Die Jury vergibt auf Grundlage der Kriterien, die ich vorhin dargestellt habe, Punkte. Man gewinnt mit der höchsten Punktzahl.

 

Gibt es dafür auch Trainingseinheiten? Wie an der Sportschule?

Klar. Im Deutschunterricht lernt man debattieren und alles, was dazugehört. Dann wird viel im Unterricht geübt, es gibt ganz viele Hilfestellungen zum Beispiel für Formulierungen und man kann sich auch gute Debatten als Video ansehen.

 

Sollen das schulinterne Debatten sein? Oder gehen wir auch an andere Schulen? Wie – Sie wissen schon – die Sportler …

Die zwei Gewinner*innen unseres Schulwettbewerbs dürfen dann zum Regionalwettbewerb. Dort misst man sich mit den Besten der anderen Schulen Potsdams. Die beiden Gewinner des Regionalwettbewerbs kommen wiederum zum Landeswettbewerb und so geht das über den Landeswettbewerb weiter bis zum Bundeswettbewerb.

  

Gibt es eigentlich einen Trick um zu verhindern, dass man langweilig rüberkommt?

Über viele Themen kann man wahnsinnig theoretisch reden. Das wirkt manchmal langweilig. Richtig gut nachvollziehbar und überzeugend wird es aber erst, wenn man geeignete Beispiele bringt. Eine Schülerin fragte während einer Debatte um Tierversuche bei Kosmetika, ob die Mitschüler gerne ihr Haustier für einen neuen besonders roten Lippenstift opfern wollen. Das hat überzeugt und war alles andere als langweilig. 

 

Was wollen Sie den Schülerinnen und Schülern mitgeben?

Du kannst die spannendste Meinung haben, aber traust dich nicht zu reden? Sei mutig!

 

Besten Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellten Lena Kanstein und Stefanie Schuster


Hannah allein zu Haus!

 

HAG-Lehrende nutzen Youtube während der Virien

Wissen auf allen Kanälen – die Lehrenden des HAG machen jetzt auch Filme für Youtube.
Wissen auf allen Kanälen – die Lehrenden des HAG machen jetzt auch Filme für Youtube.

 

 

Seit Tag vier der Virien sind die Lehrerinnen und Lehrer sind des Potsdamer Hannah-Arendt-Gymnasiums dort, wo ihre Schülerinnen und Schüler sich zu großen Teilen längst aufhalten: im Netz. Auf Youtube, um genau zu sein. Natürlich gibt es auch rein sachliche Erwägungen, die dafür sprechen, dass die Lehrenden den Lernenden dorthin folgen. Doch man könnte auch meinen, einige haben nur darauf gewartet, für die Belegschaft der Schule auch einmal einen witzigen Film zu drehen. Die News-AG des Hannah-Arendt-Gymnasiums hat darüber mit Oberstufenkoordinator Bastian Schulz gesprochen. 

Herr Schulz, wessen Idee war es, auch noch einen Youtube-Kanal einzurichten?
Gute Frage! Wir haben festgestellt: Wir haben ganz viele Aufgaben erteilt auf EduPage – aber nicht alle Schülerinnen und Schüler wissen, wie man das gut für sich strukturiert und abarbeitet. Und alle waren schon weg! Dann haben wir uns überlegt: Wir machen einen Film und schicken den herum. Aber als wir den Film hatten, kam die Idee: das könnte man auch zusätzlich über Youtube hochladen, nicht nur über EduPage. Das haben so viele Leute angeschaut, dass wir uns überlegt haben, was wir noch darstellen wollen. Und dann haben wir sehr viel gefunden – so entstand der Film zur Erheiterung der Schulgemeinschaft! Herr Simon ist da weit vorgeprescht. Ich denke, er hat gerade sehr viel Spaß, so allein zu Hause.

Haben Sie Vorbilder für dieses Vorgehen? Andere Schulen in Deutschland? Oder im Silicon Valley?
Nö. Es gibt natürlich ganz viele, die da etwas machen. Das Thema Digitalisierung beschäftigt uns ja schon sehr lange. Wir sind noch in einem Findungsprozess: Es gibt sehr viele Vorbilder, vor allem im skandinavischen Raum. Etwa in Litauen – wie die mit Digitalisierung umgehen, das ist toll! Das gehört zum Alltag! Wir stehen dagegen noch ganz am Anfang. Wir müssen überlegen: Was können wir eigentlich – was machen wir schon, wo sind die Ansprüche und die Möglichkeiten. Auch unseren Instagram-Account haben wir bereits überarbeitet dahingehend – mit der App des Tages, die bei uns vorgeschlagen werden kann, beispielsweise. Das ist eine tägliche Challenge. Instagram nutzen die Schülerinnen und Schüler ja sowieso. Und vielleicht kann man sie so auf bestimmte Dinge aufmerksam zu machen.

Langeweile macht kreativ.
Ja, das merken wir auch bei uns! Der Youtube-Channel ist auch ein kreativer Prozess, zu dem man sonst schon aus Zeitgründen gar nicht kommt. Am Wochenende habe ich selbst beispielsweise an einer Koch-Challenge teilgenommen – man musste Tapas machen aus nur zwei Zutaten. Ich hatte Bockwurst und Drachenfrucht, das sollten tragende Komponenten sein. Gewürze und Ähnliches durfte man selbst ergänzen.

Was haben Sie draus gemacht?
Das Gericht aus der Drachenfrucht hieß Karibik trotz Corona, das war ganz gut. Nicht so gut war der Bockwurstsalat. Vielleicht hätten Bayern den gut gefunden.

Haben Sie das erste Skript für den Erklär-Film eigentlich allein geschrieben?
Nein, das habe ich mit Herrn Simon zusammen gemacht – das war Aufgabenbearbeitung per EduPage.

Hatten Sie alle Technik schon zu Hause?
Herr Simon hatte alles da – aber eigentlich hat man, was man braucht, tatsächlich schon da. Ich beobachte und befürchte, dass wir die Tiefen unserer Geräte noch gar nicht kennen.

Was denn so?
Vor einer Viertelstunde habe ich etwa herausgefunden, wie man fertige Powerpoint-Präsentationen mit einer weiteren Tonspur noch nachträglich vertont. Dan läuft die so ab, als säße man live in einer Konferenz. Die Funktion war schon immer da, aber ich kannte sie noch gar nicht!

Was war das für eine Präsentation?
Zu der Frage, wie wir zu unseren Tutorien im kommenden Jahr kommen – dann haben wir ja das erste Mal eine Oberstufe. Dann gibt es keine Klassenlehrerinnen und -lehrer mehr, sondern nur noch Tutorinnen und Tutoren.

Sie haben auch Ihre zukünftigen Tutorinnen und Tutoren gefilmt – duften Sie so dicht an die überhaupt noch heran?
Nein, das haben sie uns zugeschickt. Wir durften uns ja nicht treffen. Rund ein Drittel des Kollegiums hat mitgemacht. 

Haben Sie sich ein Tagesziel oder Wochenziel gesetzt in der Produktion von weiteren Videos? Oder produzieren Sie nach Lust und Laune?
Herr Simon ist gerade in der Findungs- und Inspirationsphase – aber unser Alltagsgeschäft ist natürlich immer noch das Unterrichten! Da geht auch viel Zeit für drauf. Es wird sich in der Zukunft zeigen, wie wir weiter produzieren.

Was machen Sie denn nun die ganze Zeit?
Nachbereitung der gestellten und abgegebenen Aufgaben, Vorbereitung der nächsten, Kontrolle der Ergebnisse. Ich hake nach, wenn nichts kommt, zunächst per EduPage, aber ich rufe auch die Schüler zu Hause an. Einige Eltern haben mich auch schon mit süffisantem Lächeln weiter gereicht. Und nebenbei stellen wir uns auch im Kollegium die Frage: Wie geht es nach Corona weiter? Und vor allem: Wann? Prüfungsplanungsänderungen sind zu machen – das will alles geregelt und beschlossen sein.

Was wird sich denn ändern?
Beispielsweise werden die offiziellen Nachschreibtermine dann die offiziellen Termine für die Klausuren – und die Nachschreibtermine fallen dann erstmal weg. Natürlich müssen aber auch die dann irgendwann nachgeholt werden.

Wissen eigentlich alle Ihre Schülerinnen und Schüler, was Sie da auf Youtube treiben?
Nö. Alle erreicht man nie – nicht mal, wenn alle im gleichen Raum sind! Aber wir erreichen einen ziemlich hohen Prozentsatz. Wir haben unsere gängigen Plattformen genutzt, um darauf hinzuweisen: In diesem Film beantworten wir die Fragen zur Aufgabenbearbeitung. Und alle, die diese Wege auch checken, sind darüber informiert. Ein paar andere, die nicht so strukturiert sind, haben´s jetzt von den anderen erfahren. Wir haben auch über Instagram informiert. Ich denke, wir haben so ziemlich alle erreicht. Die Schüler kommunizieren ja auch untereinander.

Bei Youtube gibt´s eine Funktion: Speziell für Kinder. Warum haben sie damit die Kommentare deaktiviert?
Ja – die Sache mit den Kommentaren … Das ist immer schwierig. Die haben wir auch auf unserer Homepage ausgeschlossen, denn wir wollen jegliche Form von Hate-Speech verhindern. Und das erreicht man nur über die moderierte Kommentarleiste – wo man auch Dinge löschen kann. Und dafür fehlen uns als Lehrern Zeit und Kapazitäten. Es wäre manchmal ein schöner Weg des Feedbacks – aber wir befürchten Hate-Speech, das schreckt uns ab. Daher lassen wir keine Kommentare zu.

Haben Sie denn schon Rückmeldungen erhalten?
Nö – nicht explizit. Darüber haben wir uns auch noch gar nicht unterhalten! Von den Kollegen kam erst mal positives Feedback. Einige sahen den Nutzen, andere waren amüsiert – und es gibt ja keine Verpflichtung zur Nutzung. Und wer kein Fan ist, der partizipiert eben auch nicht – das ist alles vollkommen in Ordnung.

Planen Sie auch, eigene Lernvideos zu erstellen?
Ich weiß, dass Schüler Lernvideos erstellen – um ihr Wissen anderen zu zeigen oder um selbst das Filmen zu lernen oder den Stoff zu vertiefen. Das bleibt dann aber im klasseninternen Raum. Ob wir selbst Videos kreieren liegt in der Zukunft. Denn es gibt ja schon ein ungeheuer professionelles Angebot. Demnächst gibt es aber einen Filmworkshop von der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg, speziell für Lehrkräfte, da haben sich auch schon einige von uns angemeldet. Es ist also Bedarf da. Doch Filme zu machen ist ja immer noch eine Kunst und ein Handwerk, das es zu erlernen gilt.

Muss ich den Youtube-Kanal des HAG abonnieren?
(lacht!) Nee.

Es wird kein prüfungsrelevanter Stoff dort veröffentlicht?
Nein!

Aber Sie könnten die Click-Zahlen damit in die Höhe treiben und eine schöne Adresse bekommen!
Trotzdem! Wir haben kein kommerzielles Interesse! 

Das EduPage-Video hat mehr als 1000 Aufrufe – ein echter Erfolg! Was ist Ihr Abonnentenziel? Derzeit sind es 57, glaube ich?
So viele! Das habe ich gar nicht gewusst! Dennoch: Ein Abo beweist auch nicht, dass alle immer partizipieren. Aber ein Großteil der Schüler sind besser informiert, wenn sie uns folgen. Das schwarze Brett an der Wand ist out – aber eine hohe Informiertheit und Beteilung erreicht man so besser – und dazu braucht man Öffentlichkeit. Und die generiert man heute anders als vor hundert Jahren. Man bringt man keine Zeitung mehr raus, sondern einen Blog. Alle, die Kommunikator sein wollen, müssen sich mit dem Feld verlagern.

Ist langfristig geplant, diese Arbeit fortzusetzen? Sollen Schüler darin mitarbeiten?

Ich gehe stark davon aus – weil wir ja eine Schule sind! Da geht es ja immer um Interaktion und auch um digitale Kompetenzen. Da spielt Youtube jetzt nicht die wichtigste Rolle. Aber die aktuelle Situation dient auch uns dazu zu fragen: Was sind die Grundlagen der digitalen Bildung? Und als Mensch und Lehrer müssen wir uns alle fragen: Verfüge ich über die Kompetenzen, die jetzt benötigt werden? Und was brauchen die Schüler? Urheber- und Persönlichkeitsrechte, Technik, Software, Ton, Film, Schnitt – das ist ein breites Feld an Wissen.

Haben Sie selbst auch schon etwas bei diesen ersten Filmen gelernt?
Äh – ja. Wie kompliziert es ist, Bild- und Tonspur miteinander in Einklang zu bringen! Und wie sinnvoll es ist, beides unabhängig voneinander zu produzieren. Und dass man nicht einfach drauflosarbeiten kann, sondern dass man VORHER ein gutes Skript produzieren muss.

Besten Dank für das Gespräch!

Fragen und Antworten notierte Stefanie Schuster, Input lieferten Joram und Tim

Wer noch keinen Blick auf die ersten Filme des HAG geworfen hat, kann das hier nachholen:

 

https://www.youtube.com/channel/UCx-A8ZUS-mZbsPtdY5rql0A?app=desktop


Willkommen in den Virien!

 

Wer nicht zur Schule geht, soll trotzdem Hausaufgaben machen!

Lernen zu Hause? Kann gut gehen, sagt der Oberstufenkoordinator des HAG´s Bastian Schulz. Braucht aber Disziplin!
Lernen zu Hause? Kann gut gehen, sagt der Oberstufenkoordinator des HAG´s Bastian Schulz. Braucht aber Disziplin!

 

 

Das gab´s noch nie in der Geschichte Brandenburgs – und noch nie in Deutschland: Eine mehr als fünfwöchige Befreiung von der Anwesenheitspflicht in der Schule, um die Ausbreitung einer Pandemie zu verhindern. Das Corona-Virus, das sich mit mehrwöchiger Verspätung nun auch in Brandenburg breit macht, soll so wirksam in seiner Ausbreitung begrenzt werden. Und so ist die Verbannung der Schüler aus den Klassenräumen jetzt auch nicht das reine Vergnügen. Nein, es drohen Virien. Also: Zu Hause bleiben, möglichst wenig mit anderen Menschen zusammentreffen – und Hausaufgaben machen, bis der Kopf qualmt.

Mitten in den Vorbereitungen zu dieser Herausforderung findet der Oberstufenkoordinator Bastian Schulz aber auch noch Zeit, um der News HAG zu erklären, was jetzt geplant ist.

Herr Schulz, warum wird die Schule jetzt eigentlich geschlossen?
Die Schule wird geschlossen, weil die Vertreter der Länder sich in der vergangenen Woche in der Kultusministerkonferenz gefragt haben: Wie gehen wir in den Schulen mit dem Coronavirus um – und  wie dämmen wir die Verbreitung ein? Das Resultat: Die Landesregierung Brandenburg hat entschieden, die Schulen bis zum Ende der Osterferien zu schließen.

Seit wann wussten Sie von den Plänen, die Schule zu schließen?
Wir wussten seit Freitag davon. Die Dynamik hat uns aber überrascht in den vergangenen anderthalb Wochen. Die Lage hat sich sehr schnell geändert.

Welche Folgen hat denn die Schließung eigentlich für die Schüler?
Für die Schüler hat das zur Folge, dass sie nun von zu Hause aus beschult werden und dort ihren Unterrichtsstoff lernen müssen. Und ihre Sozialkontakte werden geringer. Das ist natürlich die erwünschte Folge. Ich denke, sie langweilen sich nicht zu sehr. Zu Hause müssen sie sich und ihr Lernen selbst organisieren: Ihre Arbeits- und Pausenzeiten, ihren Feierabend einhalten – und sie dürfen auch nicht 24 Stunden lang nichts machen.

Gibt es eine Vorgabe die besagt, wie viele Aufgaben die Lehrer den Schülern mitgeben dürfen? Oder: Müssen?
Es gibt dafür tatsächlich keine Vorgaben! Eine Verwaltungsvorschrift empfiehlt lediglich die Hausaufgabenmenge bei regulärem Unterrichtsbetrieb, aber den haben wir jetzt ja nicht. Es gibt ein Rundschreiben vom Ministerium, das uns dazu verpflichtet, den Schülern Aufgaben zukommen zu lassen. Wir haben uns daher im Kollegium darauf geeinigt, dass wir einen ähnlichen Stoff-Umfang zur Verfügung stellen, wie ihn die Schüler während des Unterrichts zu absolvieren hätten. Wenn also vier Stunden Mathematik ausfallen, dann sollen sie einen ähnlichen Umfang an Aufgaben erhalten. Aber weil sie sich das selbst erarbeiten müssen und kein Lehrer vor ihnen steht, um ihnen das Vorgehen zu erklären, bekommen sie ein paar Aufgaben weniger, die in Heimarbeit bearbeitbar erscheinen. Die Schüler müssen das neue Wissen ja ganz allein durchdringen.

Kann man denn in dieser Zeit zu Hause ernsthaft etwas Neues lernen? Oder bestenfalls den Stoff wiederholen?
Wiederholen ist ja immer gut - auch die Diskussion des Unterrichts kann man ja auf diesem Weg vertiefen. Und ich habe eigentlich keine Sorge, dass die Schüler nicht allein etwas Neues lernen können: Sie schaffen das ja auch, allein neue Apps aus dem Internet herunterzuladen und sich PC-Spiele beizubringen – dann geht das Neulernen in anderen Gebieten bestimmt auch. Aber ganz ernsthaft: Wir wollen unseren Schülern ja ohnehin das eigenständige Lernen beibringen – das geht ja auch nach dem Schulabschluss weiter. Lernen hört nie auf!

Wie kommen die Schüler denn zu ihren Aufgaben?
Die Aufgaben werden über unser Programm EduPage zur Verfügung gestellt. Die Kollegen handhaben das ganz unterschiedlich: Manchmal gibt´s nur einen Hinweis, welche Aufgaben im Lehrbuch zu bearbeiten sind, manchmal Links zu Materialien, manchmal Mini-Aufgaben, die auf die Seite gestellt werden. Ich selbst habe ganz unterschiedliche Aufgaben hochgeladen. Bei den siebten Klassen wird kleinteiliger durch die Wochen geführt, die zehnten Klassen können natürlich schon komplexere Aufgaben bewältigen.

Das ist ja eine Menge Arbeit!
Wir langweilen uns auch nicht bei der Vorbereitung.

Haben denn alle Schüler dieser Schule Zugang zum Internet?
Ja – ich gehe ganz stark davon aus. Wenn nicht, dann werden sich die Eltern sicherlich bei uns melden. Falls es Probleme geben sollte, würden wir natürlich Rücksprache halten, aber wir haben noch nichts Gegenteiliges gehört.

Können sich die Schüler denn eigentlich bei Ihnen melden, wenn sie noch Fragen zum Stoff haben?
Ja. Unser Ziel ist, die Schüler trotz allem möglichst eng zu begleiten. Das geht über unsere Lernplattform sehr gut. Wenn die Schüler eine Aufgabe erledigt haben, müssen sie einen Button anklicken: Aufgaben vollständig bearbeitet – dann bekommen die Lehrer die Rückmeldung und können sie kontrollieren. Die Lehrer können auch eine Rückmeldung einfügen: Bitte schick mir die konkreten Ergebnisse; das geht ganz leicht per E-Mail-Anhang. Die Schüler können die Lehrer darüber hinaus einzeln anschreiben und ihre individuellen Fragen stellen. Wir sind sehr bemüht, die Schüler auch aus der Ferne gut zu betreuen. Und mit EduPage sind wir digital gut aufgestellt. Das Programm musste nicht einmal erweitert werden dafür. Dennoch stehen wir in engem Kontakt mit dem Anbieter, falls es irgendwo hakt. Das können wir jetzt alles herausfinden.

Können Sie eigentlich sicherstellen, dass die Schüler ihre Aufgaben allein lösen?
Nö, das wollen wir eigentlich gar nicht. Lernen ist ein soziales Ereignis. Die Empfehlung des Ministeriums lautet aber, dass die Schüler soziale Kontakte möglichst einschränken sollen. Wahrscheinlich werden sie also ohnehin mehr allein lernen müssen als im Unterricht – hier in der Schule wird im Unterricht ja viel in Partner- und Gruppenarbeit gelöst. Sollten die Schüler allerdings auf die Idee kommen, die sozialen Medien zu nutzen, um sich digital „zu treffen“, begrüßen wir das natürlich. Schüler können sich häufig sehr gut gegenseitig zielführende Erläuterungen und Erklärungen zu den Aufgaben geben.

Denken Sie auch an Skype-Unterricht?

Nein, das machen wir nicht! Dann müssten wir ja von allen Schülerinnen und Schülern verlangen, dass sie einen Skype-Zugang haben. Skype wäre interessant und schön – aber auch zu viel Datenvolumen, wenn das alle Schulen in ganz Brandenburg machen wollten. EduPage bietet das bislang nicht an, wohl aber eine Chatfunktion. Wir wollen daher in den kommenden Wochen Versuche starten, ob sich Life-Chats eignen. Das müssen wir noch herausfinden.

Wie viele Stunden sollten sich die Schüler denn jeden Tag hinsetzen um zu lernen?
Wir wollen den Bildungsauftrag, so gut es geht, ausfüllen – wenn also ein Schüler sechs Stunden Unterricht am Tag hätte, dann sollte die Zeit auch effektiv und effizient dafür genutzt werden. Einige Schüler haben mich gefragt, ob sie die Aufgaben nicht auch alle an einem Tag erledigen könnten. Das schafft man natürlich nicht und es wäre nicht gut: Das Gehirn braucht auch Pausen. Manchmal steht hinter den Arbeitsplänen „Tages-oder „Wochenaufgabe“, um genau das zu gewährleisten. Wir bieten den Schülern damit Strukturierungshilfen und hoffen, dass sie sich daran halten. Aus dem gleichen Grund haben wir auch daran erinnert, Mittagspausen einzulegen – die haben sie hier ja auch.  Das ist wichtig.

Und früh aufstehen – ist das auch wichtig? Oder beginnt jetzt ein Feldversuch, bei dem noch mal überprüft werden kann, ob späterer Unterrichtbeginn wirklich dem Lernenden hilft? Als leidenschaftlicher Spätaufsteher freue ich mich über die Experimente, Versuche und Erfahrungen, die unsere Schüler in den kommenden Wochen sammeln. Für eine konstruktive und kritische Ergebnisdiskussion stehe ich gern bereit. Wichtig ist aber eins: Die Schüler müssen sich eine klare Struktur geben, die sie auch einhalten. Die kann bei einem um 8 Uhr morgens beginnen, bei einer anderen dagegen um 10 Uhr

Gibt es eigentlich auch Haus-Aufgaben für Kunst und Sport?
Ja, tatsächlich! Eine Kollegin hat ihren Schülern aufgegeben, Youtube-Videos anzusehen und Fitnessübungen zu machen: Dehnungen und Yoga, so etwas. Das ist eine tolle Idee!

Werden nach dieser Aussetzung des Unterrichts andere freie Tage gestrichen, um die verlorene Unterrichtszeit wieder reinholen zu können?
Dazu haben wir bislang keine Infos – bis jetzt nicht.

Darf man auch Lehrerinnen und Lehrer anrufen?
Wenn die Schüler die Nummer haben – dann vielleicht. Aber ich finde, EduPage ist eine sehr gute Kommunikationsplattform, die vieles abdeckt.

Dürfen Sie eigentlich auch ins Homeoffice gehen?
Wir haben Dienstpflicht. Das heißt, dass die Lehrkräfte verfügbar zu sein haben und den gesetzlichen Bildungsauftrag, so gut es geht, umsetzen sollen. Wir sollen hier laut Ministerium eine sinnvolle Regelung treffen, die es ermöglicht, unsere Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Dazu ist manchmal die Schule der richtige Ort und manchmal der heimische Arbeitsplatz. Einige Kollegen haben beispielsweise kleine Kinder, die sie betreuen müssen. Es ist vollkommen klar, dass hier das Homeoffice der beste Arbeitsort ist.

Dürfen sich Schüler in Lerngruppen treffen?
Wir haben die Schule geschlossen, weil wir dazu aufgefordert wurden – was sie im Privaten machen, kann man nicht kontrollieren. Aber sie sollten generell nach anderen Möglichkeiten schauen als sich zu treffen. Sie sind ja ohnehin meist auch auf anderen Wegen gut vernetzt.

Wird es weniger Noten geben, weil auch die Unterrichtszeit kürzer ist?
Klar! Es wird in dieser Zeit, wo die Schüler zu Hause arbeiten, keine Benotung stattfinden. Wir könnten ja auch nicht gewährleisten, dass die Schüler ihre Aufgaben alleine machen. Selbst bei Online-Vokabeltests müssten wir ja Aufsicht führen um zu verhindern, dass Hilfsmittel verwendet werden. Und auch bei Gruppenprojekten, die jetzt vorbereitet werden, müsste die Benotung danach stattfinden, wenn sie präsentiert werden.

Gibt es eigentlich auch irgendetwas, was Sie selbst in dieser Zeit positiv finden?
Ich würd´s besser finden, es gäbe kein Virus – aber ich sehe diese Zeit jetzt auch nicht total negativ. Wir haben eine Situation, mit der man konstruktiv umgehen muss. So ist auch die Haltung des Kollegiums. Alle sind sehr optimistisch und haben sich auf die Situation eingestellt. Und nach der Schließung der Schulen geht´s dann schon weiter.

Besten Dank für das Gespräch!

 

Die Fragen stellte Stefanie Schuster.


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